OLG Düsseldorf: Das patentrechtliche Unterlassungsgebot umfasst nicht automatisch eine Pflicht zum Rückruf

veröffentlicht am 11. Juni 2018

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2018, Az. I-15 W 9/18
§ 139 Abs. 1 PatG; § 890 ZPO

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf haben wir hier zusammengefasst (OLG Düsseldorf – Patentrechtliches Unterlassungsgebot) und den Volltext nachstehend für Sie wiedergegeben:


Werden gegen Sie patentrechtliche Ansprüche geltend gemacht?

Sind Sie aufgrund einer Unterlassungserklärung oder eines Urteils zur Unterlassung oder zur Vornahme bestimmter Handlungen verpflichtet? Rufen Sie uns gleich an: 04321 / 390 550 oder 040 / 35716-904. Schicken Sie uns Ihre Unterlagen per E-Mail (info@damm-legal.de) oder per Fax (Kontakt). Die Prüfung der Unterlagen und unsere Ersteinschätzung ist für Sie kostenlos. Unsere Fachanwälte sind durch patentrechtliche Verfahren (Gegnerliste) mit dem Patentrecht bestens vertraut und helfen Ihnen gern.


Oberlandesgericht Düsseldorf

Beschluss

I.
Auf die Beschwerde der Gläubigerin vom 02.11.2017 hin wird – unter Zurückweisung im Übrigen – der Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 11.10.2017, 4a O 66/17 ZV,  teilweise abgeändert und gegen die Schuldnerin zu 1) ein Ordnungsgeld in Höhe von 15.000,00 € festgesetzt.

II.
Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin 90 % und die Schuldnerin zu 1) 10 % zu tragen; die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren trägt die Gläubigerin.

III.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

IV.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 150.000,00 € festgesetzt.

 
Gründe

Die gem. §§ 793, 567 Abs. 1, 569 Abs. 1 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Lediglich gegen die Schuldnerin zu 1) ist wegen Zuwiderhandlung gegen das landgerichtliche Urteil vom 18.07.2017 ein Ordnungsgeld gem. § 890 Abs. 1 ZPO in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe festzusetzen. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

I.
Die Schuldnerin zu 1) vertreibt in L1 von der in der L2 ansässigen Schuldnerin zu 2) hergestellte auswechselbare Rasierklingeneinheiten für den X-Rasierer (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform). Beide Schuldnerinnen gehören zum C-Konzern, dessen Muttergesellschaft die Schuldnerin zu 3) mit Sitz in den L3 ist.

Die angegriffene Ausführungsform wird ausschließlich über Drogerie- und Handelsketten an Endkunden vertrieben. Die Schuldnerin zu 1) lieferte die angegriffene Ausführungsform an die A. GmbH & Co. KG, die B. GmbH, die K.GmbH & Co. KG, die D. Ltd. & Co. KG, die F. Holding GmbH & Co. KG, X , Y und Z . Diese verkauf(t)en die angegriffene Ausführungsform in ihren (Drogerie)Märkten und/oder Onlineshops unter ihrer jeweiligen Eigenmarke. Die von der Schuldnerin zu 1) belieferte E. GmbH & Co. KG vertreibt die angegriffene Ausführungsform unter der Eigenmarke der Schuldnerinnen „G.“ an Endkunden.

Die Gläubigerin ermächtigte als Markeninhaberin die mit ihr konzernverbundene H. GmbH zur Durchsetzung der deutschen Marken Nr. xxxxxx und xxxxxxxx „J.“. Die H. GmbH erwirkte gegen acht der Abnehmerinnen wegen der Gestaltung der Verpackungen, in denen die angegriffene Ausführungsform vertrieben wurde, wegen marken- und wettbewerbsrechtlicher Verstöße einstweilige Verfügungen.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht u.a. den Schuldnerinnen zu 1) bis 3) wegen Patentverletzung mit Urteil vom 18.07.2017, Az. 4a O 66/17 (Anlage G1), im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt, die angegriffene Ausführungsform in L1 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen (Ziffer I. des Tenors). Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot wurden den Schuldnerinnen Ordnungsmittel angedroht (Ziffer II. des Tenors). Die Vollstreckung der einstweiligen Verfügung wurde von der Leistung einer Sicherheit abhängig gemacht (Ziffer III. des Tenors).

Mit Urteil vom 11.01.2018 hat der Senat die Berufung der Schuldnerinnen zu 1) bis 3) gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen (Anlage G19).

Die Zustellung des landgerichtlichen Urteils an die Schuldnerinnen zu 1) bis 3) erfolgte von Amts wegen am 18.07.2017. Zum Zwecke der Vollziehung der einstweiligen Verfügung stellte die Gläubigerin den Schuldnerinnen am 27.07.2017 beglaubigte Abschriften des Urteils sowie eine Bürgschaftsurkunde (Anlagen G2, G3) zu.

Die Schuldnerinnen unterrichteten ihre Abnehmer vom Erlass und von der Vollziehung der einstweiligen Verfügung und stellten ihre eigenen Benutzungshandlungen ein.

X , Y , Z und die E. GmbH & Co. KG entfernten die angegriffene Ausführungsform aus ihren Märkten und retournierten diese auf eigene Initiative. Die übrigen genannten Abnehmerinnen vertreiben die angegriffene Ausführungsform mit modifizierter Verpackung weiter. Die Gläubigerin erwarb am 03.08.2017 in einem Markt der K.GmbH & Co. KG (Anlage G10) und am 04.08.2017 in einem Markt der A. GmbH & Co. KG (Anlage G9) Exemplare der angegriffenen Ausführungsform.

Die Gläubigerin trägt vor, die Schuldnerinnen zu 1) bis 3) hätten schuldhaft gegen das Unterlassungsgebot der Urteilsverfügung vom 18.07.2017 verstoßen.

Ein Verstoß ist ihrer Ansicht nach zunächst darin zu sehen, dass die Schuldnerinnen im Hinblick auf die Unterbindung des weiteren Vertriebs der angegriffenen Ausführungsform durch ihre Abnehmerinnen untätig geblieben sind. Das Unterlassungsgebot beinhalte nämlich auch die Verpflichtung, auf ihre Vertriebspartnerinnen, mit denen eine dauerhafte enge Geschäfts- und Vertragsbeziehung bestehe und die mit den Schuldnerinnen eine gemeinsame Störquelle bildeten, einzuwirken und diese anzuhalten, einen Weitervertrieb der vor Erlass der einstweiligen Verfügung ausgelieferten angegriffenen Ausführungsform zu unterlassen. Dies umfasse aufgrund der Besonderheiten des Falles zumindest – erstens – die Aufforderung, den Vertrieb bis zum Ablauf des Verfügungspatents einzustellen und – zweitens – das Angebot an die Vertriebspartnerinnen, die patentverletzenden Produkte zurückzunehmen, sofern für sie eine vorübergehende Einstellung des Vertriebs nicht in Betracht komme. Diese Maßnahmen seien den Schuldnerinnen möglich und zumutbar, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vertriebspartnerinnen unstreitig erklärtermaßen bereit seien, die bereits ausgelieferten Produkte zurückzugeben bzw. dies zum Teil bereits freiwillig getan haben.

Darüber hinaus behauptet die Gläubigerin, die Schuldnerinnen zu 1) bis 3) seien auch nicht bloß untätig geblieben. Vielmehr hätten sie gezielt ihre Abnehmerinnen darin bestärkt, die angegriffene Ausführungsform ungeachtet des gerichtlichen Verbots zu vertreiben.

Zum einen dadurch, dass sie den Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsform aktiv förderten. Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung hätten die Schuldnerinnen die Änderung der Verpackungen der von der K.GmbH & Co. KG, der A. GmbH & Co. KG und der B. GmbH vertriebenen angegriffenen Ausführungsform unterstützt. Die Schuldnerin zu 1) habe diesen Abnehmerinnen Sticker zum Überkleben der Verpackungen zur Verfügung gestellt. Aufgrund der Änderung der Verpackungen seien diese wettbewerbs- und markenrechtlich nicht (mehr) zu beanstanden gewesen. Die Schuldnerin zu 3) habe diese Unterstützungshandlung verhindern können, da sie rechtlich auf die Schuldnerinnen zu 1) und 2) einwirken könne und zum Teil Personenidentität in der Geschäftsführung bestehe.

Zum anderen sei ein Bestärken darin zu sehen, dass die Schuldnerin zu 3) die Vertriebspartnerinnen von Ansprüchen der Gläubigerin wegen Patentverletzung freigestellt habe. Ebenfalls ein Unterstützen folge aus dem – unstreitigen – Umstand, dass die Schuldnerinnen zu 1) und 2) die K. GmbH & Co. KG, die A. GmbH & Co. KG und die B. GmbH nicht über den Verlust von Regressansprüchen bei Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Kenntnis des vollzogenen gerichtlichen Verbots informierten.

Darüber hinaus begründe es einen weiteren Verstoß gegen das gerichtliche Verbot, dass die Schuldnerinnen – insoweit unstreitig – die von ihren Vertriebspartnerinnen (zumindest Y , X und Z ) nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung retournierten Exemplare der angegriffenen Ausführungsform dem Zugriff der Gläubigerin entzogen und entgegen einer entsprechenden Aufforderung nicht an einen Gerichtsvollzieher herausgegeben haben.

Die Gläubigerin beantragt,

gegen jede der Schuldnerinnen wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot gemäß Ziffer I. des Tenors der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 18.07.2017, 4a O 66/17, jeweils ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch jeweils 50.000,00 € nicht unterschreiten sollte, und für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft, zu vollziehen an den Geschäftsführern der jeweiligen Schuldnerin, festzusetzen.

Die Schuldnerinnen zu 1) bis 3) beantragen,

den Antrag der Gläubigerin zurückzuweisen.

Die Schuldnerinnen sind der Ansicht, sie seien ihrer aus dem Unterlassungstenor obliegenden Pflicht vollständig nachgekommen. Der Weitervertrieb durch die Abnehmerinnen sei ihnen nicht zurechenbar. Die Abnehmerinnen seien allesamt rechtlich selbständige unabhängige Unternehmen, auf deren Handeln sie – die Schuldnerinnen – keinen Einfluss hätten. Zwischen der Schuldnerin zu 3) und den Abnehmerinnen fehle es zudem bereits an jeder vertraglichen Beziehung. Die Geschäftsbeziehungen zwischen den Schuldnerinnen zu 1) bzw. 2) und den Abnehmerinnen gingen nicht über eine reine Verkäufer/Käufer-Beziehung hinaus. Eine Pflicht zum Rückruf der angegriffenen Ausführungsform bestehe bereits aus Rechtsgründen nicht. Ein Rückruf sei zudem jedenfalls unzumutbar und unverhältnismäßig. Gleiches gelte für die Aufforderung, „nur“ den Weitervertrieb zu stoppen. Auch dabei handele es sich faktisch um einen Rückruf. Es sei realitätsfremd anzunehmen, die Abnehmerinnen würden bei einer solchen Aufforderung die Produkte nicht auch wieder zurückgeben. Überdies würde, wenn ein Produkt einmal aus dem Sortiment gestrichen sei, dieses erfahrungsgemäß nicht wieder aufgenommen. Es drohe ihnen folglich ein irreparabler Schaden.

Unterstützungshandlungen könnten den Schuldnerinnen nicht vorgehalten werden. Die von der Gläubigerin vorgetragene – vor Erlass der einstweiligen Verfügung erklärte – Freistellung habe die Schuldnerin zu 3) lediglich für eine angebliche Patentverletzung in L4 und nur gegenüber dem Y-Store Limited erklärt. Eine Handlung und/oder einen Beitrag der Schuldnerin zu 2) zu den angeblichen Unterstützungshandlungen beim Überstickern von Altware sei nicht vorgetragen. Abgesehen davon fehle es sowieso an einem ausreichend substantiierten Vortrag zu angeblichen Mitwirkungshandlungen. Die B. GmbH habe zudem bereits vor Vollziehung der einstweiligen Verfügung die Verpackungen gestickert. Keine der Schuldnerinnen habe der A. GmbH & Co. KG nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung Sticker zum Überkleben der Verpackungen geliefert. Dies sei indes letztlich egal, weil Erschöpfung der Patentrechte eingetreten sei. Eine vorsätzlich und rechtswidrige Haupttat der Abnehmerinnen sei nicht ersichtlich, da Herr Z1 von der H. GmbH – insoweit unstreitig – den Abnehmerinnen Umstellfristen gewährte sowie schriftlich und per Email sinngemäß erklärte: „Mit Blick auf … sind wir bereit, den vollständigen Abverkauf der mit Stickern versehenen „Altware“ zu gewähren.“. Die Aussage hätten die Abnehmerinnen zu Recht auch als Abverkaufsgenehmigung für die angegriffene Ausführungsform verstanden bzw. verstehen dürfen. Selbstverständlich beziehe sich die Gestattung auf das gesamte Produkt, also Verpackung samt Inhalt, und nicht nur auf die Verpackung als solche. Dass Herr Z1 bei der H. GmbH angestellt sei, sei unerheblich. Die H. GmbH gehöre zum selben Konzern wie die Gläubigerin. Zudem sei jedenfalls von einer Anscheinsvollmacht auszugehen.

Des Weiteren fehle es an einem Verschulden der Schuldnerinnen. Sowohl aufgrund des Einverständnisses der Gläubigerin mit dem Abverkauf, der ungeklärten Rechtslage als auch aufgrund des Umstandes, dass die Gerichtssprecherin des Landgerichts klar gesagt habe, dass keine Rückrufpflicht bestehe, hätten die Schuldnerinnen davon ausgehen können, dass sie keine weiteren Einwirkungspflichten auf ihre Abnehmerinnen treffen.

Schließlich sei das von der Gläubigerin beantragte Ordnungsgeld zu hoch. Es fehle an den angeblich gravierenden Folgen des vermeintlichen Verstoßes.

Das Landgericht hat den Antrag der Gläubigerin mit Beschluss vom 11.10.2017 zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde, mit welcher die Gläubigerin ihr Begehren vollumfänglich weiterverfolgt, hat das Landgericht mit Beschluss vom 15.02.2018 nicht abgeholfen. Seine Entscheidungen hat es im Wesentlichen wie folgt begründet:

Ein unmittelbarer Verstoß gegen das Unterlassungsgebot durch ein eigenes Anbieten, Inverkehrbringen oder Einführen oder Besitzen der angegriffenen Ausführungsform zu den genannten Zwecken sei weder dargetan noch ersichtlich.

Eine Pflicht zur Aufforderung, den Weitervertrieb zu stoppen und ein Angebot zur Rücknahme der ausgelieferten Produkte sei in dem tenorierten Unterlassungsgebot – auch bei Berücksichtigung der (bis dahin bekannten) Rechtsprechung des I. Zivilsenats des BGH – nicht enthalten. Bei den Abnehmerinnen der Schuldnerinnen handele es sich um selbständige Unternehmen, die nicht als verlängerter Arm der Schuldnerinnen oder als Teil ihrer Vertriebsstruktur angesehen werden könnten. Der fortgesetzte Vertrieb der Abnehmerinnen sei keine den Schuldnerinnen zuzurechnende Handlung; die Abnehmerinnen und die Schuldnerinnen bildete keine „gemeinsame Störungsquelle“. Eine Aufforderung zum (vorläufigen) Vertriebsstopp wirke faktisch wie ein Rückruf. Ein solcher könne vorliegend nicht gefordert werden. Das Unterlassungsgebot sei im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Grundlage patentrechtlicher Ansprüche erfolgt. Das PatG sehe für einen Rückruf mit § 140a Abs. 3 PatG gerade eine gesetzliche Grundlage vor, die die Gläubigerin indes unstreitig nicht geltend gemacht habe. Der patentrechtliche Rückrufanspruch könne nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beansprucht werden.

Eine Unterstützungshandlung nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung könne nicht festgestellt werden. In der Freistellung der Y Store Limited von patentrechtlichen Forderungen durch die Schuldnerin zu 3) könne ein Handeln nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung nicht ersehen werden. Hinzu komme, dass insoweit ein Inlandsbezug fehle. Bezüglich der Unterstützung bei der Änderung der Verpackungen sei zwar davon auszugehen, dass die Schuldnerinnen zumindest die K.GmbH & Co. KG unterstützt hätten, indem sie dieser (nach Vollziehung des gerichtlichen Verbots) Sticker zum Überkleben der Verpackung zur Verfügung gestellt haben, so dass die Verpackungen wettbewerbsrechtlich nicht mehr zu beanstanden waren. Ein solches Verhalten könne grundsätzlich auch als Beihilfe zu einer rechtswidrigen Haupttat, nämlich einer Patentverletzung der Abnehmerinnen, mit Ordnungsmitteln zu ahnden sein. Vorliegend könne jedoch keine solche Haupttat ersehen werden, weil die Gläubigerin den Abnehmerinnen den Verkauf der angegriffenen Ausführungsform in den überklebten Verpackungen bei verständiger Würdigung aus objektiver Sicht gestattet habe. Dem stehe nicht entgegen, dass wettbewerbsrechtliche Ansprüche von patentrechtlichen Ansprüchen zu trennen seien und dass somit eine wettbewerbsrechtlich zulässige Handlung patentrechtlich ohne weiteres unzulässig sein könne. Aus objektiver Sicht sei nämlich davon auszugehen, dass sich ein Konzern zu ein und derselben Handlung (hier: Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform) einheitlich verhalte und gerade nicht wettbewerbsrechtlich gestatte, was er gleichzeitig patentrechtlich verbieten möchte. Besondere Anhaltspunkte dafür, dass trotz der wettbewerbsrechtlichen Duldung der patentrechtliche Vertrieb untersagt sei, seien vorliegend nicht ersichtlich und von der Gläubigerin auch nicht dargelegt. Ein (erforderlicher) ausdrücklicher Hinweis dahingehend sei nicht erteilt worden. Ferner stehe einer schlichten Benutzungserlaubnis nicht entgegen, falls diese von einer anderen Konzerngesellschaft als von der Gläubigerin selbst erfolgt sei. Aus Sicht eines objektiven Dritten sei von einem einheitlichen Konzernverhalten auszugehen. Es sei nicht damit zu rechnen, dass zwei Unternehmen aus demselben Konzern in einer Frage gegensätzlich handelten. Die Gläubigerin habe auch nicht vorgetragen, dass die Einräumung von Umstellfristen durch eine andere Konzerngesellschaft gegen ihren Willen erfolgt sei.

Der Umstand, dass die retournierten Exemplare der angegriffenen Ausführungsform nicht an einen Gerichtsvollzieher herausgegeben wurden, stelle keinen Verstoß gegen den Unterlassungstenor dar. Der Sequestrationsanspruch sei im Ordnungsmittelverfahren nicht durchsetzbar.

Wegen des konkreten Inhalts des landgerichtlichen Zurückweisungsbeschlusses wird auf Bl. 50 ff. GA und wegen des Nichtabhilfebeschlusses auf Bl. 132 ff. GA verwiesen.

Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde der Gläubigerin ist teilweise begründet. Das Landgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass das Unterlassungsgebot gemäß Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils vom 18.07.2017 nicht die Pflicht der Schuldnerinnen umfasst, die Abnehmerinnen aufzufordern, den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform bis zum Ablauf des Verfügungspatents einzustellen und diesen anzubieten, die patentverletzenden Produkte zurückzunehmen, sofern für sie eine vorrübergehende Einstellung des Vertriebs nicht in Betracht kommt. Ebenso ist mit dem Landgericht weder in der Freistellung der Y Store Limited von patentrechtlichen Forderungen durch die Schuldnerin zu 3) noch in der Nichtherausgabe retournierter Produkte an den Gerichtsvollzieher Zuwiderhandlungen gegen das titulierte Unterlassungsgebot zu sehen, die mittels eines Ordnungsmittels gem. § 890 ZPO zu ahnden sind. Schließlich ist auch in dem Unterlassen einer Information über den (vermeintlichen) Verlust von Regressansprüchen keine Zuwiderhandlung im Sinne der genannten Vorschrift zu erblicken. Ein Ordnungsgeld gem. § 890 ZPO ist indes festzusetzen wegen der Unterstützung einer Abnehmerin beim Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch Mithilfe beim Überkleben der Produktverpackung, wobei insoweit lediglich ein Verstoß der Schuldnerin zu 1) festzustellen und keine (Ersatz)Ordnungshaft anzuordnen ist.

1)
Die allgemeinen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen sind gegeben. Mit Urteil vom 18.07.2017 hat das Landgericht den Schuldnerinnen zu 1) bis 3) in Ziffer I. des Tenors untersagt, näher beschriebene auswechselbare Rasierklingeneinheiten in L1 anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen. Die nach § 890 Abs. 2 ZPO erforderliche Androhung von Ordnungsmitteln findet sich in Ziffer II. des landgerichtlichen Urteils, welches den Schuldnerinnen am 18.07.2017 von Amts wegen und am 27.07.2017 durch die Gläubigerin zusammen mit einer Bürgschaftsurkunde, durch welche die nach Ziffer III. des landgerichtlichen Urteils zu leistende Sicherheit erbracht wurde, zugestellt worden ist.

2)
Dem Unterlassungsgebot gemäß Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils vom 18.07.2017 kann im Wege der gebotenen Auslegung keine Pflicht der Schuldnerinnen entnommen werden, ihre Abnehmerinnen aufzufordern, den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform bis zum Ablauf des Verfügungspatents einzustellen und diesen anzubieten, die patentverletzenden Produkte zurückzunehmen, sofern für sie eine vorrübergehende Einstellung des Vertriebs nicht in Betracht kommt.

a)
Bei einer Handlung, die einen fortdauernden Störungszustand geschaffen hat, ist der die Handlung verbietende Unterlassungstitel mangels abweichender Anhaltspunkte regelmäßig dahin auszulegen, dass er nicht nur die Unterlassung derartiger Handlungen, sondern auch die Vornahme möglicher und zumutbarer Handlungen zur Beseitigung des Störungszustands umfasst (BGH GRUR 2018, 292 – Produkte zur Wundversorgung; BGH GRUR 2017, 823 – Luftentfeuchter; BGH GRUR 2017, 208 – Rückruf von RESCUE-Produkten; BGH GRUR 2016, 720 – Hot Sox; BGH GRUR 2016, 104 – Artikel auf Internetportal „recht§billig“; BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies).

Eine Unterlassungsverpflichtung erschöpft sich daher regelmäßig nicht im bloßen Nichtstun, sondern verlangt die Vornahme von Handlungen zur Beseitigung eines zuvor geschaffenen Störungszustands, wenn allein dadurch dem Unterlassungsgebot entsprochen werden kann, weil die Nichtbeseitigung des Verletzungszustands gleichbedeutend mit der Fortsetzung der Verletzungshandlung ist (BGH GRUR 2018, 292 – Produkte zur Wundversorgung; BGH GRUR 2017, 208 – Rückruf von RESCUE-Produkten).

Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn es sich bei der Verletzungshandlung um eine Dauerhandlung des Schuldners handelt (BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies; BGH GRUR 2014, 595 – Vertragsstrafenklausel; BGH GRUR 1993, 556 – TRIANGLE), mithin um eine Handlung, die in der Vergangenheit einen Störungszustand geschaffen hat, der (infolge Unterlassens) aufrecht erhalten bleibt, wodurch eine ununterbrochene Rechtsverletzung seitens des Schuldners erfolgt.

Sind entsprechende Handlungspflichten gegeben, kann der Unterlassungsschuldner auch verpflichtet sein, auf Dritte einzuwirken, um diese zu einem Tun oder einem Unterlassen anzuhalten. Der Schuldner eines Unterlassungsanspruchs hat zwar für das selbständige Handeln Dritter grundsätzlich nicht einzustehen. Er ist jedoch gehalten, auf Dritte, deren Handeln ihm wirtschaftlich zugutekommt, einzuwirken, wenn er mit einem Verstoß ernstlich rechnen muss und zudem rechtliche und tatsächliche Einflussmöglichkeiten auf das Verhalten der Dritten hat (BGH GRUR 2018, 292 – Produkte zur Wunderversorgung; BGH GRUR 2014, 595 – Vertragsstrafenklausel). Er ist daher grundsätzlich auch verpflichtet, im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf Dritte einzuwirken, soweit dies zur Beseitigung eines fortdauernden Störungszustands erforderlich ist (BGH GRUR 2017, 823 – Luftentfeuchter; BGH GRUR 2017, 208 30 – Rückruf von RESCUE-Produkten; BGH GRUR 2015, 258 – CT-Paradies).

Angesichts dessen kann aus einem Unterlassungsgebot z.B. die Verpflichtung folgen, wettbewerbswidrige Firmenschilder zu entfernen (BGH GRUR 1972, 558, 560 – Teerspritzmaschinen), die rechtsverletzende Firmierung in einem Internetverzeichnis zu beseitigen (BGH GRUR 2014, 595 – Vertragsstrafenklausel) oder im Falle von Internetwerbung, die eigene Website zu ändern oder zu löschen. Des Weiteren kann auch die Pflicht umfasst sein, auf Handelsvertreter oder in die eigene Vertriebsorganisation eingebundene Unternehmen oder beauftrage Vertriebspartner einzuwirken (OLG Düsseldorf I-15 W 12/18 Beschl. v. 19.03.2018; OLG Düsseldorf BeckRS 2013, 21057), die Abrufbarkeit von wettbewerbswidriger Werbung auf den gängigsten Suchmaschinen auszuschließen (OLG Düsseldorf I-15 W 52/17 Beschl. v. 29.01.2018; OLG Celle GRUR-RR 2018, 46 – Wirbel um Bauschutt; OLG Stuttgart GRUR-RR 2017, 86 – Modedesign Studium; OLG Zweibrücken GRUR-RS 2016, 10948 – Cache-Speicherung) oder die (weitere) Listung einer Verletzungsform in der Lauer-Taxe zu verhindern (OLG Düsseldorf I-2  W 4/17 Beschl. v. 21.09.2017).

b)
Dies zugrunde gelegt umfasst das Unterlassungsgebot gemäß Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils vom 18.07.2017 nicht die von der Gläubigerin geforderten Einwirkungsmaßnahmen auf die Abnehmerinnen.

aa)
Im Erkenntnisverfahren ist weder die Frage, ob die Schuldnerinnen ihre Abnehmerinnen auffordern müssen, die vor Erlass der einstweiligen Verfügung ausgelieferten Exemplare der angegriffenen Ausführungsform nicht weiter zu vertreiben, noch die Frage, ob gegebenenfalls ein Angebot zur Rücknahme der Produkte zu erfolgen hat, von den Parteien thematisiert worden. Die Gläubigerin hat nichts dazu vorgetragen, dass und welche Handlungspflichten ihrer Ansicht nach aus der begehrten Unterlassung folgen sollen. Die Reichweite des Unterlassungsgebots ist nicht angesprochen worden. Demzufolge bestand für die Schuldnerinnen auch keine Veranlassung, zu etwaigen Pflichten, die über das (schlichte) Unterlassen der eigenen rechtswidrigen Benutzungshandlungen hinausgeht, Stellung zu nehmen.

bb)
Die ihnen untersagten Benutzungshandlungen haben die Schuldnerinnen nach Vollziehung des landgerichtlichen Urteils unterlassen. Ihre zuvor getätigten Benutzungshandlungen waren mit dem jeweiligen Angebot und/oder der jeweiligen (Aus)Lieferung der angegriffenen Ausführungsform an die jeweilige Abnehmerin beendet. Der Weitervertrieb ist den Schuldnerinnen nicht zuzurechnen; die Abnehmerinnen sind insbesondere nicht ihre Verrichtungsgehilfen i. S. d. § 831 BGB.

Bei den Abnehmerinnen handelt es sich um rechtlich selbständige Unternehmen, die mit den Schuldnerinnen in keiner Weise derart tatsächlich und/oder rechtlich verbunden sind, dass ihr Handeln wie ein Handeln der Schuldnerinnen anzusehen wäre. Die Schuldnerinnen haben ihnen auch keine Tätigkeit übertragen. Schlichte kaufvertragliche Verpflichtungen genügen hierfür nicht, auch dann nicht, wenn daraus dauerhafte enge Geschäftsbeziehungen der jeweiligen Vertragsparteien folgen und der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform an die Endkunden ausschließlich über die Abnehmerinnen erfolgt. Allein aufgrund kaufrechtlicher Verträge werden die Abnehmerinnen nicht in die Vertriebsorganisation der Schuldnerinnen eingegliedert oder in die Stellung eines beauftragten Vertriebspartners oder einer Einzelhandelsverkaufsstelle erhoben. Die Käufer bzw. Abnehmerinnen bleiben eigenständig und unterliegen keinerlei Weisungen. Sie entscheiden insbesondere selbständig, ob und wie sie die angegriffene Ausführungsform in ihren jeweiligen Märkten weitervertreiben. Bei den Abnehmerinnen handelt es sich um große Drogerie- bzw. Handelsketten, die eine Vielzahl verschiedener Produkte an Endkunden vertreiben und zudem die angegriffene Ausführungsform unter ihrer jeweiligen Eigenmarke veräußern.

Dass zwischen den Schuldnerinnen und den Abnehmerinnen über die mit einem Kaufvertrag einhergehenden Pflichten weitergehende rechtliche und/oder tatsächliche Verpflichtungen bestehen, die die Annahme begründen könnten, die Schuldnerinnen hätten in irgendeiner Art und Weise eine Weisungs- oder Entscheidungsbefugnis bezüglich des Weitervertriebs der angegriffenen Ausführungsform nach Auslieferung dieser an die Abnehmerinnen, ist nicht festzustellen. Die Gläubigerin hat hierfür keine tatsächlichen Anhaltspunkte vorgebracht. Soweit sie behauptet, die mit den Abnehmerinnen geschlossenen Verträge beinhalteten bspw. Jahresplanungen, Rückgaberechte und -pflichten oder abgestimmte Verkaufsförderungsaktionen, genügt dies nicht. Auch solche Vertragsbedingungen führen nicht zu der in diesem Zusammenhang notwendigen rechtlichen oder tatsächlichen Verknüpfung der Abnehmerinnen mit den Schuldnerinnen im genannten Sinne. Überdies haben die Schuldnerinnen dies bestritten; Beweis hat die Gläubigerin nicht angetreten.

Angesichts dessen ist vorliegend auch nicht von einer Dauerverletzungshandlung auszugehen, die infolge schlichten Unterlassens aufrecht erhalten bleibt.

Auch wenn die rechtswidrigen Benutzungshandlungen der Schuldnerinnen kausal für den Weitervertrieb durch die Abnehmerinnen sind, denn ohne entsprechende Belieferungen wären die Abnehmerinnen nicht in der Lage, die angegriffene Ausführungsform unter ihrer jeweiligen Eigenmarkung zu vertreiben, und die Schuldnerinnen damit die Gefahr einer weiteren Rechtsverletzung erhöht haben, so ist diese Kausalität nicht gleichbedeutend mit der Fortsetzung der durch die Schuldnerinnen hervorgerufenen eigenen Rechtsverletzung. Diese Rechtsverletzung wird vielmehr durch das Handeln der eigenständigen Abnehmerinnen unterbrochen; die eigenen Verletzungshandlungen der Schuldnerinnen dauern nicht mehr fort. Die sich anschließende rechtswidrige Benutzung des Verfügungspatents liegt allein im Verantwortungsbereich der von ihnen rechtlich und tatsächlich unabhängigen Abnehmerinnen.

cc)
Für den Fall der Patentverletzung sieht das PatG nicht nur den Unterlassungsanspruch gem. § 139 Abs. 1 PatG, sondern daneben und unabhängig voneinander einen Anspruch auf Rückruf gem. § 140a Abs. 3 PatG vor. Dieser trifft exakt die hier vorliegende Konstellation, die durch die Fortwirkung einer bereits begangenen Patentverletzung und das Erfordernis der Folgenbeseitigung gekennzeichnet ist. § 140a Abs. 3 PatG dient nämlich dem Zweck, patentverletzende Ware, die das Unternehmen des Verletzers bereits verlassen hat und sich in der nachgeordneten Vertriebskette befindet, zurückzuholen, damit eine weitere Schutzrechtsverletzung durch den Erwerber verhindert wird (BT-Drs. 16/5048, 31 f.; Erwägungsgrund 24 der RL 2004/48/EG). Als Rückruf geschuldet ist eine Handlung des Verletzers, nämlich die ernsthafte und unter Hinweis auf die Rechtsverletzung nachdrückliche Aufforderung an die gewerblichen Abnehmer, die patentverletzenden Erzeugnisse entweder nicht weiter zu vertreiben oder – sofern der Störungszustand dadurch nicht hinreichend beseitigt wird – das Erzeugnis freiwillig zurückzugeben (BeckOK PatR/Rinken § 140a Rn. 48 f.; Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 10. Aufl., § 140a Rn. 17; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10 Aufl., Kap. D Rn. 580; Schulte/Voß, PatG, 10. Aufl., § 140a Rn. 27, 31). Die aus einem Rückrufanspruch folgenden Pflichten des Verletzers sind mithin diejenigen, die die Gläubigerin im hiesigen Vollstreckungsverfahren als Teil des Unterlassungsanspruchs geltend macht.

Dass der Unterlassungsanspruch – der in die Zukunft gerichtet ist und dessen Beachtung vom Ansatz her nicht mehr als ein Unterlassen und zunächst einmal kein Handeln fordert – dieselben Rechtsfolgen zeitigt wie der spezialgesetzlich normierte Rückrufanspruch, vermag der Senat nicht zu erkennen. Auch dann nicht, wenn § 140a Abs. 3 PatG keine Sperrwirkung gegenüber anderen Vorschriften entfaltet und ein Rückruf vor Einführung des § 140a Abs. 3 PatG zwecks Umsetzung der RL 2004/48/EG auf den allgemeinen Beseitigungsanspruch gem. § 1004 BGB analog gestützt werden konnte (BGH GRUR 2018, 292 – Produkte für Wundversorgung).

Zunächst würde eine Erstreckung des Unterlassungsgebots auf Handlungen, die als Rückruf geschuldet sind, zu einer Vermischung der beiden Anspruchsgrundlagen führen und insbesondere außer Acht lassen, dass ein Rückruf nach § 140 Abs. 4 PatG auf Tatbestandsebene unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht, während im Rahmen des § 139 Abs. 1 PatG ein dahingehender Einwand eines Verletzers unbeachtlich ist. Darüber hinaus unterliegen das Unterlassungsgebot und der Rückruf in der Zwangsvollstreckung unterschiedlichen Regelungen. Während ersteres nach § 890 ZPO zu vollstrecken ist, richtet sich die Vollstreckung des Rückrufs nach §§ 887 ff. ZPO. Der Gesetzgeber hat mithin für die nebeneinanderstehenden Ansprüche voneinander abweichende Tatbestandsvoraussetzungen und unterschiedliche Vollstreckungswege vorgesehen.

Es ist ferner – auch unter Beachtung der grundsätzlichen Möglichkeit einer Anspruchskonkurrenz – nicht ersichtlich, welcher Anwendungsbereich für § 140a Abs. 3 PatG überhaupt verbleibt, wenn bereits aus § 139 Abs. 1 PatG eine Pflicht zum Rückruf folgt. Soweit der I. Zivilsenat in der Entscheidung „Produkte für Wundversorgung“ (GRUR 2018, 292) zwischen einer konkret drohenden weiteren Verletzungshandlung (dann Rückruf auf Grundlage des Unterlassungsanspruch) und einem Rückruf auch bei abstrakter Gefahr bzw. schlechthin (dann Rückruf aufgrund des Rückrufanspruchs) unterscheidet, teilt der Senat diese Ansicht nicht. Weder § 139 Abs. 1 PatG noch § 140a Abs. 3 PatG enthalten einen Anknüpfungspunkt für eine derartige Differenzierung und für die Notwendigkeit der jeweiligen Gefährdungslage als jeweilige Tatbestandsvoraussetzung. Zudem ist zu bedenken, dass ein Verletzer seine Abnehmer kennt und, wenn diese an Endkunden vertreiben, er diesen auch gerade zum Weitervertrieb die Verletzungsprodukte liefert. Er erhöht somit regelmäßig das Risiko eines Weitervertriebs. Nur wenn über dieses regelmäßig vorhandene Wissen bzw. Risiko hinaus weitere Anhaltspunkte vorhanden sein müssten, um von einer konkreten Gefährdung auszugehen, bliebe somit für § 140a Abs. 3 PatG ein beachtlicher Anwendungsraum. Weiterhin dürfte nicht außer Acht gelassen werden können, dass für den Verletzten oftmals nicht ersichtlich ist, ob eine Verletzungshandlung konkret droht, so dass er auch nicht weiß, ob ihm insoweit (schon) der Unterlassungsanspruch ausreichen würde. Weiß er dies nicht, kann er im Erkenntnisverfahren hierzu – will er nicht unzulässig ins Blaue vortragen – nichts darlegen, weshalb auch der Verletzer in der Regel keine Veranlassung hat, hierzu vorzutragen. Der Umfang der Entscheidung des Erkenntnisverfahrens ist demzufolge nicht klar umrissen. Die Klärung auch dieser Frage erst im Vollstreckungsverfahren ist jedenfalls nicht praktikabel.

Es steht einem Verletzten frei, welche Rechtsfolgen er aus einer Verletzung eines Patents herleiten möchte. Entscheidet er sich dafür, keinen Anspruch auf Rückruf gem. § 140a Abs. 3 PatG geltend zu machen, ist kein sachlicher Grund und/oder rechtliche Notwendigkeit zu erkennen, „über den Umweg“ des § 139 Abs. 1 PatG gleichwohl doch noch einen Anspruch auf Rückruf zuzuerkennen und diesen in den Unterlassungstitel hineinzulesen.

Dies gilt vorliegend umso mehr, wenn man – wie die Gläubigerin – der Ansicht ist, dass ein Rückruf grundsätzlich auch im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens geltend gemacht werden kann, dies indes nicht tut. In diesem Fall führt die Entscheidung des Verletzten vielmehr zu dem Verständnis, dass er einen Rückruf bereits ausgelieferter Ware gerade nicht geltend machen wollte. Daran ändert die Behauptung der Gläubigerin, sie würde einen Rückrufanspruch nicht vor Ablauf des Verfügungspatents durchsetzen können, nichts. Teilt man ihre Auffassung, belegt das vorliegende Verfahren, dass sie einen Rückrufanspruch ebenso zügig wie den Unterlassungsanspruch im einstweiligen Verfügungsverfahren hätte durchsetzen können.

dd)
Der Anspruch gem. § 140a Abs. 3 PatG kann indes grundsätzlich nicht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden (BeckOK PatR/Rinken § 140a Rn. 56; Benkard/Grabinski/Zülch, PatG, 10. Aufl., § 140a Rn. 21; Cepl/Voß/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl., § 940 Rn. 53; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Aufl., Kap. D Rn. 657; Schulte/Voß, PatG, 10. Aufl., § 940 Rn. 36).

Im Eilverfahren soll grundsätzlich lediglich eine Sicherung von (Leistungs-)Ansprüchen erfolgen. Eine sofortige Befriedigung des Gläubigers bzw. eine vollständige Erfüllung des Verfügungsanspruchs und damit eine Vorwegnahme der Hauptsache soll nur Ausnahmefällen vorbehalten bleiben, nämlich dann, wenn der Gläubiger auf die Leistungsverfügung bzw. sofortige Erfüllung dringend angewiesen ist, die dem Gläubiger ansonsten drohenden Nachteile außer Verhältnis zu den dem Schuldner drohenden Schäden stehen und nur so effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann (so auch BGH GRUR 2018, 292 – Produkte zur Wundversorgung; Cepl/Voß/Voß, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, § 940 Rn. 53; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Aufl., § 940 Rn. 6).

Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, scheidet die Durchsetzung eines Rückrufanspruchs wegen Patentverletzung im Wege der einstweiligen Verfügung aus, denn die geschuldete Handlung, die ernsthafte und nachdrückliche Aufforderung nicht weiter zu vertreiben oder zur Rückgabe, stellt keine nur vorläufige Sicherung dar, sondern die Erfüllung des Rückrufanspruchs. Mehr als diese Handlung ist nicht geschuldet, insbesondere kein Erfolg. Ein nur vorläufiger Rückruf ist nicht möglich. Schutzlos ist der Verletzte gleichwohl nicht, da er im Verfügungsverfahren unter den Voraussetzungen des § 140b Abs. 7 PatG Auskunft über Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer verlangen und diese direkt in Anspruch nehmen kann (Benkard PatG/Grabinski/Zülch, PatG, 10. Aufl., § 140a Rn. 21; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Aufl., Kap. D. 657. Kritisch hierzu: Busse/Keukenschrijver/Kaess, PatG, 8. Aufl., § 140a Rn. 26).

Die Gläubigerin hat im Erkenntnisverfahren einen Rückrufanspruch gem. § 140a Abs. 3 PatG nicht geltend gemacht. Sie hat insbesondere auch nichts dazu vorgetragen, dass und weshalb sie dringend auf eine dahingehende Leistungsverfügung bzw. die sofortige Erfüllung eines ihr zustehenden Rückrufanspruchs angewiesen wäre. Soweit sie im Zwangsvollstreckungsverfahren vorbringt, den Schuldnerinnen entstehe hierdurch kein irreparabler Schaden, genügt dies nicht. Die Erstreckung des Unterlassungstitels auf einen Anspruch auf Rückruf würde folglich auch in diesem Zusammenhang dazu führen, dass die Gläubigerin über einen „Umweg“ eine Handlung der Schuldnerinnen erzwingen könnte, die sie mit der vom Gesetz vorgesehenen Regelung nicht hätte beanspruchen können.

Zu bedenken ist darüber hinaus, dass die Gläubigerin die ihr bekannten Abnehmerinnen allesamt nicht auf Unterlassung wegen Patentverletzung in Anspruch genommen hat. Sie hat vielmehr entschieden, gegen diese im Eilrechtsweg „nur“ wegen Markenrechtsverletzung bzw. wegen Verstoßes gegen das UWG vorzugehen. Selbstredend ist die Gläubigerin frei in ihrer Entscheidung, wie und gegen welchen Verletzer sie gerichtlich vorgehen will. Dies bedeutet indes nicht, dass ihre Entscheidung im vorliegenden Zusammenhang keine Berücksichtigung finden dürfte. Auch wenn die Inanspruchnahme der Quelle der Rechtsverletzung ein wirtschaftlich sinnvolles und effizientes Vorgehen mit hohen Erfolgschancen ist, hätte die Gläubigerin vorliegend den Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsform durch die ihr bekannten Abnehmerinnen mittels einstweiliger Verfügungen, gestützt auf § 139 Abs. 1 PatG, verhindern können. Sie war folglich nicht schutzlos mit Blick auf den Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsform. Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die ihr die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs gegenüber den Abnehmerinnen unmöglich gemacht hätten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine rechtliche Auseinandersetzung als solche scheute sie jedenfalls nicht, wie die gegen die Abnehmerinnen, die zum Teil auch Abnehmerinnen der Gläubigerin sind, angestrebten einstweiligen Verfügungsverfahren zeigen. Entscheidet sich die Gläubigerin gleichwohl dafür, den Weitervertrieb durch die ihr bekannten Abnehmerinnen nicht mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern, erschließt sich nicht, weshalb nunmehr den Schuldnerinnen als Teil deren Unterlassungspflicht ein Rückruf aufzuerlegen sein sollte.

ee)
Soweit die Gläubigerin in Anlehnung an die Entscheidung des I. Zivilsenats „Produkte zur Wundversorgung“ (GRUR 2018, 292) die Ansicht vertritt, das landgerichtliche Urteil vom 18.07.2017 umfasse mit seinem Unterlassungsgebot als Minus zum Rückruf jedenfalls die Pflicht, die Abnehmerinnen aufzufordern, die angegriffene Ausführungsform vorläufig nicht weiter zu vertreiben, vermag der Senat sich dieser Auffassung nicht anzuschließen.

Diese Aufforderung kann nicht als Minus bzw. bloße Sicherstellung des Rückrufanspruchs angesehen werden. Sie ist vielmehr Bestandteil der geschuldeten Handlung des Rückrufverpflichteten. Auch diese Aufforderung dient dem Zweck des § 140a Abs. 3 PatG, die bereits eingetretene Störung zu beseitigen und zu vermeiden, dass der Erwerber in der nachgeordneten Vertriebskette eine weitere Schutzrechtsverletzung begeht. Einen Erfolg der Aufforderung oder die tatsächliche Rückgabe der patentverletzenden Produkte schuldet der Verletzer wie ausgeführt nicht. Infolge dessen kann eine Aufforderung, den Weitervertrieb (vorläufig) zu stoppen, auch nicht als Sicherung des (eng verstandenen) Rückrufanspruchs begriffen werden. Die Leistungshandlung, die ernsthafte und nachdrückliche Aufforderung zur Rückgabe, hängt nicht davon ab, dass der Erwerber noch im Besitz der angegriffenen Ausführungsform ist und eine tatsächliche Rückgabe erfolgen wird.

Aber auch dann, wenn als Rückruf lediglich die ernsthafte und nachdrückliche Aufforderung zur Rückgabe der Ware anzusehen wäre, so wäre zu beachten – wie das Landgericht bereits ausgeführt hat –, dass die begehrte Aufforderung zum vorläufigen Vertriebsstopp vorliegend jedenfalls faktisch wie ein Rückruf wirkt. Die Schuldnerinnen haben substantiiert und unter Beweisantritt dargetan, dass ein Abnehmer, der dazu aufgefordert wird, ein bestimmtes Produkt nicht weiter zu verkaufen, dieses nicht – auf unbestimmte Zeit – im eigenen Langer behalten, sondern an den Lieferanten zurückgeben wird. Die Ausführungen der Schuldnerinnen sind zwar nicht auf die konkreten Abnehmerinnen sowie die angegriffene Ausführungsform bezogen und die Gläubigerin hat sie in rechtlich zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten, wobei sie zudem auf den nahen Ablauf des Verfügungspatents hingewiesen hat. Letztlich bedürfte auch dies gleichwohl keiner weiteren Aufklärung. Denn unstreitig haben vier der sieben Abnehmerinnen die angegriffene Ausführungsform freiwillig retourniert, nachdem die Schuldnerinnen sie „nur“ über den Erlass der einstweiligen Verfügung informiert haben. Diese Abnehmerinnen haben die Waren mithin schon aufgrund eines Schreibens, das von ihnen keinerlei Handlung forderte, zurückgegeben.

3)
Eine Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot in Ziffer I. des Tenors des landgerichtlichen Urteils vom 18.07.2017 kann nicht in der Freistellung der Y Store Limited von patentrechtlichen Forderungen durch die Schuldnerin zu 3) und/oder in der Nichtherausgabe retournierter Produkte an den Gerichtsvollzieher gesehen werden. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem Beschluss vom 11.10.2017 verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Die Gläubigerin hat hiergegen auch nichts erinnert.

Ebenfalls nicht als Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot stellt es sich dar, dass die Schuldnerinnen zu 1) und 2) die K. GmbH & Co. KG, die A. GmbH & Co. KG und die B. GmbH nicht über den (vermeintlichen) Verlust von Regressansprüchen bei Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsform in Kenntnis des vollzogenen gerichtlichen Verbots informiert haben. Eine dahingehende Handlungs- und Informationspflicht erwächst aus dem Unterlassungsgebot nicht.

4)
Eine schuldhafte Zuwiderhandlung (nur) der Schuldnerin zu 1) ist allerdings in der Unterstützung der K. GmbH & Co. KG beim Weitervertrieb der angegriffenen Ausführungsform zu sehen. Weitere zu ahndende Zuwiderhandlungen der Schuldnerin zu 1) sind hingegen nicht festzustellen, ebenso wenig Unterstützungshandlungen der Schuldnerinnen zu 2) und zu 3).

a)
Die Feststellung des Landgerichts, dass die Schuldnerin zu 1) nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung der K. GmbH & Co. KG Sticker zur Verfügung gestellt hat, mit denen die Verpackungen der angegriffenen Ausführungsform überklebt und so abgeändert wurden, dass die Verpackungen wettbewerbsrechtlich nicht mehr anzugreifen waren, ist nicht zu beanstanden. Die Schuldnerin zu 1) hat auch im Beschwerdeverfahren hierzu nichts Erhebliches vorgebracht, was die Feststellung in Zweifel zieht.

Nicht feststellen lässt sich indes, dass die Schuldnerin zu 1) auch der A. GmbH & Co. KG und/oder der B. GmbH nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung Sticker zur Verfügung gestellt hat. Für diese beiden Abnehmerinnen hat die Schuldnerin zu 1) (ebenso wie die beiden anderen Schuldnerinnen) ein Handeln nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung ausdrücklich bestritten. Die für eine Zuwiderhandlung nach Vollziehung darlegungs- und beweisbelastete Gläubigerin hat jedoch zum konkreten Zeitpunkt der von ihr behaupteten Unterstützungshandlungen nichts Substantielles vorgetragen und insbesondere auch keinen Beweis angeboten, dass diese bezüglich dieser beiden Abnehmerinnen nach dem 27.07.2017 erfolgt sind.

Die Lieferung der Sticker durch die Schuldnerin zu 1) zum Überkleben der Verpackungen der angegriffenen Ausführungsform zwecks Weiterverkauf dieser durch die K. GmbH & Co. KG ist als Beihilfe zu einer rechtswidrigen Haupttat, in Gestalt der Patentverletzung dieser Abnehmerin anzusehen. Eine Gestattung oder Benutzungserlaubnis ist auf der Grundlage des objektiven Empfängerhorizonts entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht festzustellen. Der Abverkauf der angegriffenen Ausführungsform ist nicht mit Zustimmung der Gläubigerin erfolgt.

aa)
Die Gläubigerin selbst hat unstreitig gegenüber der Abnehmerin keinerlei Erklärung abgegeben, die von dieser als Benutzungserlaubnis verstanden wurde bzw. werden konnte.

Die Schuldnerin zu 1) beruft sich insoweit allein auf Äußerungen, die Herr Z1 von der H. GmbH, die mit der Durchsetzung der deutschen Marken Nr. xxxxxx und xxxxxxxx „J.“ beauftragt war, gegenüber den Abnehmerinnen im Rahmen der marken- und wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten getätigt hat. Diese Äußerungen sind der Gläubigerin indes nicht zuzurechnen. Die Konzernverbundenheit der beiden Unternehmen genügt für sich genommen nicht. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass Herr Z1 auch für die Gläubigerin sprach oder zu sprechen befugt war, sind weder vorgetragen noch sonst wie ersichtlich. Die Verfolgung von patentrechtlichen Verstößen lag unstreitig jederzeit bei der Gläubigerin.

Die Trennung der Marken- und Wettbewerbsfragen von den Fragen der Patentverletzung und die damit verbundene Trennung der Anspruchsteller hat die K. GmbH & Co. KG auch erkannt, wie insbesondere die E-Mail vom 21.07.2017 (Anlage G21) belegt. In dieser führt die Abnehmerin mit Bezug auf das landgerichtliche Urteil vom 18.07.2017 ausdrücklich aus, dass sie nicht Partei dieses Verfahrens sei und benennt als dortige Anspruchstellerin die Gläubigerin. Ihr war folglich bewusst, dass das patentrechtliche Verfahren nicht von der H. GmbH geführt wurde. Darüber hinaus erklärt die Abnehmerin „Insofern stellt sich die Frage einer Aufbrauchfrist für das patentrechtliche Thema nicht, so dass wir eine Verbindung dieser beiden separaten Themen praktisch und rechtlich für unangebracht halten.“ Der Verweis der Schuldnerin zu 1) auf eine (angebliche) Anscheinsvollmacht des Herrn Z1 und die Überlegung des Landgerichts, ein objektiver Dritter müsse nicht damit rechnen, dass zwei Unternehmen aus einem Konzern in einer Frage gegensätzlich handelt, verfängt folglich nicht.

bb)
Die Äußerung von Herrn Z1 „Mit Blick auf … sind wir bereit, den vollständigen Abverkauf der mit Stickern versehenen „Altware“ zu gewähren.“ hat die Abnehmerin überdies nicht als patentrechtliche Benutzungserlaubnis verstanden. Die Gestattung bezog sich nur auf die Verpackungen mit den in dem einstweiligen Verfügungsverfahren mit ihr streitgegenständlichen Werbeaussagen.

Die Äußerung wurde im Zuge des einstweiligen Verfügungsverfahren getätigt, das die Verletzung von Markenrechten und einen Verstoß gegen das UWG zum Gegenstand hatte. Sie betraf damit die von der dortigen Anspruchstellerin in diesem Verfügungsverfahren beanstandeten Verpackungen. Bezüglich dieser sollte – nach einer Umgestaltung – der Abverkauf gestattet sein, so dass letztlich der erwirkten einstweiligen Verfügung gegen die Abnehmerin genüge getan ist. Dem Wortlaut und den Umständen nach bezog sich die Gestattung mithin nur auf den Streitgegenstand dieses einstweiligen Verfügungsverfahrens.

Da wettbewerbsrechtliche Ansprüche von patentrechtlichen Ansprüchen zu trennen sind – wovon auch das Landgericht im Ansatz ausgeht – und somit eine wettbewerbsrechtlich zulässige Handlung patentrechtlich gleichwohl verboten sein kann, bedürfte es weiterer Anhaltspunkte für eine Erstreckung dieser Gestattung auch auf die patentverletzende angegriffene Ausführungsform. Solche sind indes nicht ersichtlich. Eine ausdrückliche Erstreckung auf das Verfügungspatent ist zu keiner Zeit erklärt worden. Es gibt auch keine Erklärung, in der die Gläubigerin (oder Herr Z1) vom Vorwurf der Patentverletzung (ausdrücklich) Abstand genommen hätte. Solche Erklärungen trägt selbst die Schuldnerin zu 1) nicht vor.

Dass sich die angegriffene Ausführungsform in der beanstandeten Packung befand und ein Verkauf leerer Verpackungen sinnlos bzw. unmöglich ist, genügt vorliegend für die Annahme einer patentrechtlichen Benutzungserlaubnis nicht. Ungeachtet der Sinnhaftigkeit einer solchen Gestattung aus Sicht der Abnehmerin ist diese nämlich selbst davon ausgegangen, dass die wettbewerbsrechtliche und die patentrechtliche Frage auseinander zu halten sind. Wie die E-Mail vom 21.07.2017 (Anlage G21) belegt, bestand die K. GmbH & Co. KG ausdrücklich auf einer Trennung der beiden Fragen. Die patentrechtliche Auseinandersetzung zwischen der Gläubigerin und den Schuldnerinnen war ihr bekannt. Geht die Abnehmerin jedoch selbst davon aus, dass sie mit der H. GmbH allein marken- und wettbewerbsrechtliche Fragen zu klären hat und auch nur insoweit gerichtlich in Anspruch genommen wurde, konnte sie die Gestattung eines Abverkaufs der „Altware“ auch nur in diesem Umfang annehmen. Ohne weitere Anhaltspunkte bestand für sie auf der Basis des objektiven Empfängerhorizonts deshalb kein Anlass für die Annahme, ihr sei auch erlaubt, die angegriffene Ausführungsform (weiter) zu vertreiben.

cc)
Die Zuwiderhandlung der Schuldnerin zu 1) erfolgte schuldhaft. Soweit die Schuldnerin zu 1) auf die ungeklärte Rechtslage und die Äußerung der Gerichtssprecherin des Landgerichts verweist, ist dies für die von ihr begangene Unterstützungshandlung unbeachtlich. Dass die Schuldnerin zu 1) Rechtsrat bzgl. der Reichweite der der Abnehmerin erteilten Gestattung eingeholt hätte (mit dem Ergebnis der von ihr hier vertretenen Rechtsansicht), hat sie nicht vorgetragen.

b)
Unterstützungshandlungen der Schuldnerin zu 2), die als Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot zu werten wären, hat die Gläubigerin nicht vorgetragen.

c)
Eine ein Ordnungsmittel begründende Zuwiderhandlung gegen das landgerichtliche Urteil seitens der Schuldnerin zu 3) ist gleichfalls nicht festzustellen.

Eigene Unterstützungshandlungen der Schuldnerin zu 3) hat die Gläubigerin nicht behauptet. Sie hat insbesondere nicht vorgetragen, dass die Schuldnerin zu 3) nach Vollziehung der einstweiligen Verfügung der K. GmbH & Co. KG oder einer der anderen Abnehmerinnen Sticker zum Überkleben der Verpackungen geliefert hat. Vertragliche Beziehungen zwischen der Schuldnerin zu 3) und der Abnehmerin sind nicht festzustellen.

Die Gläubigerin begründet die Verantwortlichkeit der Schuldnerin zu 3) damit, dass diese die Unterstützungshandlung der Schuldnerin zu 1) habe verhindern können, da sie rechtlich auf die Schuldnerin einwirken könne und zum Teil Personenidentität in der Geschäftsführung bestehe. Dieses Vorbringen genügt vorliegend jedoch nicht.

Zwar kann eine Tochtergesellschaft als Verrichtungsgehilfe ihrer Muttergesellschaft i. S. d. § 831 BGB angesehen werden, wenn nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Eingliederung in den Organisationsbereich des Geschäftsherrn (der Muttergesellschaft) erfolgt ist und die Tochtergesellschaft deren Weisungen unterliegt, was insbesondere bei einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag der Fall sein kann (BGH GRUR 2012, 1279 – DAS GROSSE RÄTSEL m. w. N.). Ob derartige Voraussetzungen gegeben sind, bedarf – auch wenn die Schuldnerinnen das Vorbringen der Gläubigerin unwidersprochen gelassen haben –  materiell-rechtlicher Erwägungen. Derartige Erwägungen sind indes im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht anzustellen, sofern sie über dasjenige hinausgehen, was im Erkenntnisverfahren Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung gewesen ist (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2013, 273 – Scheibenbremse). Dem Rubrum des landgerichtlichen Urteils kann zwar die teilweise Personenidentität entnommen werden. Das landgerichtliche Urteil enthält jedoch keine Feststellungen zu einer Eingliederung und/oder einer Weisungsgebundenheit der Schuldnerin zu 1) gegenüber der Schuldnerin zu 3) im genannten Sinne. Es ist allein festgestellt, dass die Schuldnerin zu 3) die Muttergesellschaft und die Schuldnerin zu 1) die Tochtergesellschaft ist. Zur Passivlegitimation der Schuldnerin zu 3) wurde allein ausgeführt, dass sie, die Schuldnerin zu 3), die angegriffene Ausführungsform in ihrem Online-Shop vertreibt. Die im Erkenntnisverfahren mithin allein festgestellte Konzernverbundenheit der rechtlich selbständigen Unternehmen führt nicht dazu, dass die Schuldnerin zu 1) Verrichtungsgehilfin der Schuldnerin zu 3) ist.

5)
Gegen die Schuldnerin zu 1) ist ein Ordnungsgeld in Höhe von 15.000,00 € festzusetzen.

Die Höhe des festzusetzten Ordnungsgeldes orientiert sich an dem Gedanken, dass künftigen Zuwiderhandlungen vorgebeugt und begangene Zuwiderhandlungen strafähnlich sanktioniert werden sollen (BGH GRUR 2014, 909 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich; BGH GRUR 2012, 541 – Titelschuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren). Die Bemessung der Ordnungsmittel ist deshalb in erster Linie mit Blick auf den Schuldner und dessen Verhalten vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind insbesondere Art, Umfang und Dauer des Verstoßes, der Verschuldensgrad, der Vorteil des Verletzers aus der Verletzungshandlung und die Gefährlichkeit der begangenen und möglicher künftiger Verletzungshandlungen für den Verletzten (BGH GRUR 2017, 318 – Dügida; BGH GRUR 2004, 264 – Euro-Einführungsrabatt; Cepl/Voß/Haft, Prozesskommentar zum Gewerblichen Rechtsschutz, 1. Aufl., § 890 ZPO Rn. 58 m. w. N.).

Ausgehend hiervon erscheint das festgesetzte Ordnungsgeld ausreichend und angemessen, insbesondere weil letztlich nur ein fahrlässiger Verstoß der Schuldnerin zu 1) festzustellen ist, der von begrenzter Dauer war und künftige Zuwiderhandlungen wegen zwischenzeitlichen Ablaufs des Verfügungspatents nicht zu erwarten sind.

Der Antrag auf Festsetzung der Ordnungshaft ist zurückzuweisen. Die Gläubigerin hat den Geschäftsführer der Schuldnerin zu 1), an dem die Ordnungshaft ersatzweise vollstreckt werden soll, nicht namentlich benannt (BGH GRUR 1991, 929 – Fachliche Empfehlung II).

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Es ist von einem Teilunterliegen der Gläubigerin auszugehen, da sie in ihrem Antrag zum Ausdruck bringt, dass sie auf einen Mindestbetrag des festzusetzenden Ordnungsgeldes – 50.000,00 € je Schuldnerin – wert legt. Das festgesetzte Ordnungsgeld ist indes niedriger (BGH GRUR 2015, 511 – Kostenquote bei beziffertem Ordnungsgeldantrag).

Die Gerichtsgebühr für die Beschwerde wird nicht gemäß KV 1812 ermäßigt oder erlassen.

IV.
Die Rechtsbeschwerde wird gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2, 2 Nr. 1, 2 ZPO zugelassen.

Der Senat beurteilt die Frage(n), ob aus einem (im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens tenorierten) Unterlassungsgebot gem. § 139 Abs. 1 PatG die Pflicht eines Schuldners folgt, seine Abnehmer aufzufordern, den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform vorläufig einzustellen und diesen anzubieten, die patentverletzenden Produkte zurückzunehmen anders als der I. Zivilsenats des BGH in der Entscheidung „Produkte zur Wundversorgung“ (GRUR 2018, 292). Wegen des zumindest teilweisen Widerspruchs in den Rechtsansichten und da die Rechtssache über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung hat, dient die Zulassung der Rechtsbeschwerde der Wahrung der Rechtssicherheit.

Vorinstanz:
LG Düsseldorf, Az. 4a O 66/17 ZV