OLG Düsseldorf: Zur Formulierung einer Freistellungserklärung bei möglicher Klage durch Dritte

veröffentlicht am 9. Januar 2017

OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2009, Az. I-22 U 171/08
§ 435 S.1 BGB, § 437 Nr. 3 BGB, § 651 S.1 BGB

Das Ergebnis der Beurteilung der Freistellungserklärung durch das OLG Düsseldorf finden Sie hier (OLG Düsseldorf – Zur Formulierung einer Freistellungserklärung). Den Volltext der Entscheidung finden Sie unten:


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Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. August 2008 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wuppertal abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für einen vor dem Landgericht in B./Italien geführten Rechtsstreit.

Die Klägerin stellt Caravans her. Für den Einbau von Möbeln bezog sie Scharniere von einer Firma T. aus I., der die Nutzungsrechte an dem für die Scharniere bestehenden Patent von dem Patentinhaber, einer Firma T./I., übertragen worden waren. Im Jahr 2003 bat die Klägerin die Beklagte um Mitteilung, ob sie auch solche Scharniere produzieren könne, wobei sie zugleich auf das Patentrecht der T. hinwies. Mit Schreiben vom 28.10.2003 erklärten die von der Beklagten beauftragten Streitverkündeten, in I. bestehe ein Basisgebrauchsmuster, dem das Scharnier möglicherweise unterfalle, ein Risiko, das man allerdings eingehen könne. Die Klägerin bezog daraufhin die Scharniere von der Beklagten und baute sie u.a. in Caravans ein, die von ihrer Vertragshändlerin in Italien vertrieben wurden. Am 07.12.2004 wurde sie von der T. schriftlich wegen Patentverletzung verwarnt. Die Klägerin unterrichtete die Beklagte hierüber mit Schreiben vom 10.12.2004.

Mit Schreiben vom 09.09.2005 erklärte die Beklagte gegenüber der Klägerin in einer „Freistellungserklärung“, sie

„im Hinblick auf einen möglichen Rechtsstreit und Schadenersatzforderungen der Firma T. wegen der von uns gelieferten Scharniere von jeglichen Ansprüchen der Firma T.“ freizustellen, wobei natürlich Voraussetzung ist, dass Anerkenntnisse oder Zahlungen nur mit unserer Zustimmung erfolgen und ein mögliches Gerichtsverfahren unter unserer Regie läuft. Hierbei gehen wir davon aus, dass Sie nur unter Abstimmung mit uns eigene Anwälte bestellen, grundsätzlich dies aber über unsere Anwälte abgewickelt wird.“

Die Firma T. erhob im Oktober 2005 Klage gegen den Vertragshändler der Klägerin. Sie verlangte Auskunft, Unterlassung und Schadenersatz in Höhe von mindestens 256.970,08 €. In dem gerichtlichen Verfahren wurde der Klägerin der Streit verkündet. Die Klägerin verkündete ihrerseits der Beklagten den Streit. Die Streitverkündeten des vorliegenden Verfahrens übermittelten der Klägerin am 14.11.2005 eine Übersetzung der Klageschrift und forderten sie auf, schnell zu handeln. Darüber hinaus korrespondierten sie mit der Vertragshändlerin der Klägerin und verwiesen sie an den von ihnen bereits beauftragten Rechtsanwalt T. in M.. Mit Schreiben vom 21.11.2005 äußerte die Beklagte im Hinblick auf die durch das gerichtliche Verfahren in I. entstehenden hohen Prozesskosten Zweifel am Sinn der Prozessführung und erörterte eine Kostenbeteiligung der Klägerin. Schließlich lehnte sie eine Beteiligung an dem Rechtsstreit ab. Die Klägerin trat dem Rechtsstreit bei und erhob Widerklage. Der Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet.

Die Klägerin verlangt nunmehr von der Beklagten Erstattung der ihr durch die Beauftragung von Rechtsanwalt T. und der deutschen Prozessbevollmächtigten entstandenen Kosten; außerdem macht sie den Ersatz von Reisekosten und die Bezahlung von Arbeitsstunden für einen ihrer Mitarbeiter geltend. Sie meint, die Ansprüche ergäben sich aus der Freistellungserklärung der Beklagten in Verbindung mit einem Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Wuppertal vom 09.05.2006, durch das die Beklagte verurteilt worden ist, die Klägerin von Schadenersatzansprüchen der Firma T. wegen der von der Beklagten der Klägerin gelieferten Klappscharniere freizustellen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 57.921,23 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 50.777,23 € seit dem 18.04.2007 und aus 7.344,00 € seit dem 27.06.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat eingewandt, die Freistellungserklärung erfasse nicht die eigenen Aufwendungen der Klägerin für die Prozessführung in I.. Darüber hinaus hat sie die Höhe der geltend gemachten Aufwendungen bestritten.

Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 46.225,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich dem Grunde nach aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Liefervertrag in Verbindung mit der Freistellungserklärung der Beklagten. Die Freistellungsverpflichtung sei nicht auf die Freistellung von begründeten Ansprüchen der Firma T. beschränkt, sondern habe auch die Verpflichtung zur Abwehr unbegründeter Ansprüche der Firma T. umfasst. Dafür spreche der Wortlaut der Freistellungserklärung, die im Hinblick auf einen möglichen Rechtsstreit abgegeben worden sei und bei der die Beklagte sich die Entscheidungen über Art und Weise der Prozessführung vorbehalten habe. Die Freistellungserklärung umfasse weiterhin auch die Verpflichtung zur Abwehr von eventuellen Regressforderungen der Vertragshändlerin der Klägerin, weil nur dieser, nicht der Klägerin, der Rechtsstreit in I. gedroht habe. Dass die Beklagte selbst die Freistellungserklärung in diesem Sinne verstanden habe, ergebe sich aus ihrem weiteren Verhalten; sie habe nach Klageerhebung in Italien einen Rechtsanwalt eingeschaltet und den Kontakt zwischen diesem und der Vertragshändlerin der Klägerin hergestellt. Da der Klägerin in dem italienischen Rechtsstreit der Streit verkündet worden sei, habe ihre Beteiligung an dem Prozess auf der Hand gelegen, um mögliche Folgen aus dem Verfahren abzuwehren. Die Beklagte habe sich dagegen aus dem Rechtsstreit zurückgezogen und damit die Abwehr der Ansprüche der Klägerin überlassen. Dadurch sei sie, die Beklagte, mit der Erfüllung der Freistellungsverpflichtung in Verzug geraten, was zur Folge habe, dass die Beklagte nunmehr der Klägerin die Kosten für die Prozessführung in I. erstatten müsse. Die Höhe der Anwaltskosten sei nachvollziehbar dargelegt. Durch die von der Klägerin erhobene Widerklage seien keine besonderen Kosten entstanden, da in dem i. Verfahren ein unbestimmter Streitwert festgesetzt worden sei. Auch die geltend gemachten Reisekosten in Höhe von 1.703,32 € seien erstattungsfähig. Kein Anspruch bestehe hinsichtlich der Kosten für die Vergütung des Mitarbeiters M., da dieser ohnehin für die Klägerin tätig gewesen und nicht ersichtlich sei, dass die angegebenen 136 Arbeitsstunden zusätzlich entstanden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie ist der Ansicht, ihre Verpflichtungen gegenüber der Klägerin ergebe sich ausschließlich aus dem Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts vom 09.05.2006. Der Klägerin sei es nicht um die Vermeidung eigener Kosten, sondern nur um die Vermeidung von Drittkosten gegangen; sie habe lediglich von jedweden Ansprüchen der Firma T. freigestellt werden wollen. Ersatzfähig seien danach nur solche Kosten der T., die die Klägerin zu tragen gehabt hätte. Hätte sich die Klägerin nicht an dem Rechtsstreit beteiligt, wären Kosten für sie nicht angefallen. Schließlich umfasse die Freistellungserklärung nicht die Kosten für die von der Klägerin erhobene Widerklage.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Wuppertal abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus der Freistellungserklärung der Beklagten vom 09.09.2005 und darüber hinaus auch aus § 280 BGB. Bei der Freistellungserklärung sei es der Klägerin darum gegangen, von jeglichen Ansprüchen freigestellt zu werden, die im Zusammenhang mit der Patentverletzung der Rechte der Firma T. stehen würden. Dass die Beklagte selbst davon ausgegangen sei, dass die Freistellungserklärung weit gefasst sei, ergebe sich aus der Streitverkündung gegenüber den damaligen Patentanwälten, in welcher sie dargelegt habe, die Freistellungserklärung sei fehlerhaft, da sie „in Richtung auf T. viel zu offen und zu weit gefasst sei“.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten vom 07.10.2008 (Bl. 175 ff. GA) und die Berufungserwiderung der Klägerin vom 22.10.2008 ( Bl. 193 ff. GA ) Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg.

Auf das Schuldverhältnis der Parteien ist das seit dem 01.01.2002 geltende Schuldrecht anzuwenden ( Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ).

Dem von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten des gerichtlichen Verfahrens in B. einschließlich der ihr entstandenen Reisekosten steht entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht nicht das Anerkenntnisteil- und Schlussurteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 09.05.2006 entgegen. Aufgrund dieses Urteils steht lediglich rechtskräftig fest, dass die Beklagte die Klägerin von Schadenersatzansprüchen der Firma T. wegen der von der Beklagten gelieferten Klappscharniere freizustellen hat. Um Schadenersatzansprüche der Firma T. gegenüber der Klägerin geht es im vorliegenden Verfahren nicht. Über die Frage, ob der Klägerin wegen des mit der Beklagten über die Lieferung der Klappscharniere abgeschlossenen Vertrages weitere Ansprüche zustehen, verhält sich das vorgenannte Urteil nicht. Diese Frage war nicht Gegenstand des dortigen Verfahrens; etwaige weitergehende Ansprüche der Klägerin sind auch nicht etwa abgewiesen worden. Durch das Urteil des Landgerichts ist mithin nicht rechtskräftig entschieden, dass der Klägerin keine weitergehenden Ansprüche gegenüber der Beklagten zustehen. Die geltend gemachten Ansprüche sind danach zwar nicht bereits aufgrund des vorgenannten Urteils berechtigt, dieses steht ihnen jedoch auch nicht entgegen.

Die geltend gemachten Erstattungsansprüche ergeben sich allerdings auch nicht aus der Freistellungserklärung der Beklagten vom 09.09.2005. Nach dem Wortlaut der Erklärung werden von der Freistellungsverpflichtung Schadenersatzansprüche der Firma T. erfasst, und zwar in erster Linie solche, die in einem gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden. Voraussetzung der Freistellungsverpflichtung ist zwar nicht, dass die Schadenersatzansprüche gegenüber der Klägerin geltend gemacht werden. Nach Sinn und Zweck der Freistellungserklärung sollte das Risiko, dass die Klägerin aufgrund eines von der Firma T. eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens Schadenersatz leisten muss, auf die Beklagte verlagert werden. Dies ergibt sich aus der der Freistellungserklärung vorangehenden Korrespondenz der Parteien. Nachdem die Firma T. die Klägerin verwarnt hatte, wies diese die Beklagte im Schreiben vom 10.12.2004 darauf hin, dass ihr im Falle eines einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten der Firma T. erhebliche Schäden drohten, da ihre Händler die Caravans in diesem Fall nicht weiterverkaufen und die Zahlungen an sie, die Klägerin, einstellen könnten; die Klägerin forderte die Beklagte deshalb zu einer Reaktion auf und erklärte zugleich, etwaige Schäden und Schadenersatzansprüche an sie weiterzuleiten. Das Schreiben der Klägerin bezog sich mithin auf alle ihr im Zusammenhang mit den von der Beklagten gelieferten Scharnieren möglicherweise entstehenden Schäden. Die Beklagte hat ihrerseits mit der Freistellungserklärung vom 09.09.2005 aber nicht etwa „bestätigt“, jegliche der Klägerin aufgrund eines möglichen Rechtsstreits entstehende Schäden zu übernehmen, sondern lediglich die Freistellung von Schadenersatzforderungen der Firma T. erklärt. Von der Freistellungsverpflichtung erfasst sind danach zwar auch solche Ansprüche der Firma T., die gegenüber der Vertragshändlerin der Klägerin gerichtlich geltend gemacht worden sind (einschließlich etwaiger Verfahrens- und Anwaltskosten der T.), nicht aber die der Klägerin oder ihrer Vertragshändlerin in einem gerichtlichen Verfahren selbst entstandenen Prozess- und sonstigen Nebenkosten. Bei diesen handelt es sich nicht um Schadenersatzforderungen der Firma T.. Für eine umfassende Übernahme auch solcher Kosten sind aus der Freistellungserklärung keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Zwar macht die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung geltend, ihr sei es um eine umfassende Freistellung von jeglichen Ansprüchen gegangen; diese Vorstellung ist aber nicht vom Wortlaut der Vereinbarung gedeckt. Anhaltspunkte für eine Auslegung der Erklärung im Sinne der Klägerin ergeben sich auch nicht aus dem Vorbehalt, wonach die Beklagte sich die Führung des gerichtlichen Verfahrens und die Abwicklung über ihre eigenen Anwälte vorbehielt. Dieser Vorbehalt beruht darauf, dass sie im Hinblick auf die Freistellungsverpflichtung durch die Einschaltung eigener Anwälte an einem gerichtlichen Verfahren (indirekt) mitwirken wollte. Dass sie im Falle der Bestellung eigener Anwälte der Klägerin auch die insoweit entstehenden Kosten übernehmen würde, ist nicht ersichtlich. Eine Verpflichtung zur Kostentragung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Beklagte zunächst durch die von ihr beauftragten Streitverkündeten einen italienischen Rechtsanwalt mit der Prüfung der von der Firma T. in dem italienischen Rechtsstreit geltend gemachten Ansprüche beauftragte. Dass sie eine anwaltliche Überprüfung veranlasste, ist vielmehr nachvollziehbar, da Gegenstand der Klage Schadenersatzansprüche der Firma T. waren. Die Beklagte hat sodann von einer Beteiligung an dem Prozess Abstand genommen. Wenn die Klägerin dennoch an dem gerichtlichen Verfahren teilnahm, konnte sie nicht davon ausgehen, dass die Beklagte die ihr insoweit entstehenden Kosten übernehmen würde. Die Teilnahme erfolgte vielmehr in ihrem eigenen Interesse, um mögliche Schadenersatzansprüche ihrer Vertragshändlerin in I. zu vermeiden. Deren Schäden sind nämlich von der Freistellungserklärung der Beklagten ebenso wenig erfasst. Schließlich spricht auch die Streitverkündungsschrift der Beklagten gegenüber den damaligen Patentanwälten nicht für eine von der Klägerin geltend gemachte umfassende Freistellung. In dem vorgenannten Schriftsatz wird vielmehr ausdrücklich auf Ansprüche der Firma T. Bezug genommen und gerügt, dass die Freistellungserklärung hinsichtlich der Ansprüche dieser Firma zu weit und zu offen gefasst sei; von einer umfassenden Freistellung der Klägerin ist keine Rede.

Der Klägerin steht darüber hinaus auch kein Anspruch auf Schadenersatz aus § 280 BGB zu. Die Beklagte hat keine vertragliche Pflicht gegenüber der Klägerin dadurch verletzt, dass sie von einer Teilnahme an dem Prozess in I. Abstand genommen hat. Die Freistellungserklärung sieht zwar ein Recht der Beklagten zur Prozessführung vor, nicht aber eine Verpflichtung zum Handeln. Die von der Klägerin zur Anspruchsbegründung herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.04.2002 (NJW 2002, 2382) ist insoweit nicht ergiebig. Sie betrifft die Frage, wer darlegungs- und beweispflichtig für die Frage ist, ob Ansprüche des Drittgläubigers, von denen ein Gläubiger freigestellt werden soll, zu Recht oder zu Unrecht bestehen. Um die Frage, ob die Ansprüche der Firma T. begründet waren, geht es vorliegend aber nicht.

Die geltend gemachten Ansprüche können auch nicht auf die Regelungen der §§ 651 Satz 1, 435 Satz 1, 437 Nr. 3 BGB gestützt werden. Zwar ist eine Kaufsache mit einem Rechtsmangel behaftet, wenn der Verkäufer wegen eines einem Dritten zustehenden Patentrechts nicht zur Nutzung der Sache berechtigt ist (vgl. BGH Urteil vom 24.10.2000, Aktenzeichen X ZR 15/98, zitiert nach juris, dort Rn.11). Etwaige Schadenersatzansprüche sind jedoch gemäß § 442 BGB ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel bei Abschluss des Vertrages kennt. Maßgeblich ist insoweit, ob der Käufer die Tatsachen kennt, die in ihrer Gesamtheit den Mangel begründen. Nichts anderes gilt, wenn der Käufer bei Vertragsabschluss das Risiko eines Rechtsmangels bewusst in Kauf nimmt; die bewusste Risikoübernahme stellt sich als Verzicht auf die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen dar (vgl. BGH Urteil vom 31.01.1990, Aktenzeichen VIII ZR 314/88, zitiert nach juris, dort Rn. 11; BGH Urteil vom 20.12.1978, Aktenzeichen VIII ZR 114/77, zitiert nach juris, dort Rn. 7, 8). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Klägerin hatte die Beklagte bereits im Rahmen der Vertragsverhandlungen auf ein möglicherweise bestehendes Patentrecht hingewiesen. Diese ließ die Frage durch die von ihr beauftragten Patentanwälte prüfen, welche zu dem Ergebnis gelangten, dass im Hinblick auf das Gebrauchsmuster in Italien ein Schutzrecht in Betracht komme, man das Risiko aber eingehen könne. Die Beklagte teilte der Klägerin diese Einschätzung der Patentanwälte mit. Erst danach kam es nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in der Klageschrift (Bl. 3 GA) zum Vertragsschluss mit der Beklagten. Der Klägerin war danach bei Vertragsschluss bewusst, dass das Risiko einer Patentverletzung gegeben war, so dass ihr eine Berufung auf gesetzliche Gewährleistungsansprüche verwehrt ist. Das bei Vertragsschluss bestehende Risiko einer Patentverletzung haben die Parteien vielmehr in der Freistellungserklärung und dem darin enthaltenen Umfang verteilt.

Die Beklagte haftet schließlich auch nicht etwa wegen einer unrichtig erteilten Auskunft. Sie hat gegenüber der Klägerin nicht etwa erklärt, dass in Italien eine Patentverletzung ausgeschlossen sei, sondern ausdrücklich unter Bezugnahme auf die Überprüfung durch die von ihr beauftragten Patentanwälte mitgeteilt, im Hinblick auf das Gebrauchsmuster in I. komme ein Schutzrecht in Betracht. Die so erteilte Auskunft war nicht unrichtig. Die weitere Erklärung, man könne das Risiko eingehen, ist nicht Gegenstand einer haftungsbegründenden Auskunft, sondern betrifft die Frage, ob in wirtschaftlicher Hinsicht das Risiko in Kauf genommen werden sollte. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Beklagte für die Folgen einer möglicherweise unrichtigen wirtschaftlichen Einschätzung gegenüber der Klägerin einstehen wollte.

Die Berufung der Beklagten hat danach Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung zur Revision ist nicht veranlasst, da die hierfür gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 ZPO erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 46.225,23 EUR.